Mit dem Gesetz über den Verkehr von Tierarzneimitteln (Tierarzneimittelgesetz) vom 27.09.2021 (BGBI. I S. 4530) wird das Antibiotika-Minimierungskonzept der 16. AMG-Novelle vom 01. April 2014 fortgeführt.
Es besteht aus folgenden Bausteinen:
- Erfassung aller Antibiotikaanwendungen, einschließlich der Anzahl behandelter und gehaltener Tiere in einer Datenbank.
- Ermittlung von betrieblichen Therapiehäufigkeiten und bundesweiten Kennzahlen
- Ampelsystem zur Reduktion des Antibiotikaeinsatzes
Das Konzept wendet sich an berufs- und gewerbsmäßige Halter von Rindern, Schweinen, Hühnern und Puten, die zur Fleischgewinnung (Mast) bestimmt sind. Um den Einsatz von Antibiotika in den verschiedenen Mastabschnitten von Rind und Schwein differenziert betrachten zu können, wird bei diesen Tierarten noch zwischen den Nutzungsarten Mastkälber (unter 8 Monaten) und Mastrinder (ab 8 Monaten) bzw. Ferkel bis einschließlich 30 Kilogramm sowie Mastschweine über 30 Kilogramm unterschieden.
Ende Juni 2014 wurde die Tierarzneimittel-Mitteilungen-Durchführungsverordnung veröffentlicht. Diese Verordnung legt folgende Bestandsuntergrenzen fest, die kleinere Betriebe von den Mitteilungspflichten der 16. AMG-Novelle befreit. Die Bestanduntergrenzen lauten wie folgt:
- 20 Mastkälber bis zum Alter von 8 Monaten
- 20 Mastrinder ab einem Alter von 8 Monaten
- 250 Ferkel vom Absetzen bis zu einem Gewicht von einschließlich 30 Kilogramm
- 250 Mastschweine mit einem Gewicht von über 30 Kilogramm
- 1.000 Mastputen ab dem Schlüpfen
- 10.000 Masthühner ab dem Schlüpfen
Somit ist mitteilungspflichtig, wer die oben genannten Bestandsuntergrenzen für die jeweilige Nutzungsart im Durchschnitt eines Kalenderhalbjahres überschreitet.
Sollten sich Betriebe vorsorglich als "mitteilungspflichtig" für eine Nutzungsart gemeldet haben, obwohl die durchschnittlich gehaltene Tierzahl die Bestandsuntergrenze nicht überschreitet, ist die fehlerhafte als "mitteilungspflichtig" eingetragene Nutzungsart in "nicht mitteilungspflichtig" zu ändern.
Die gemäß § 54 Tierarzneimittelgesetz (TAMG) geforderten Mitteilungen über Tierhaltungen können in der HiT-Datenbank im Bereich TAM eingegeben werden. Name, Tierhaltungsstandort und Registriernummer gemäß Viehverkehrsverordnung (VVVO-Nr.) sind in HI-Tier bereits hinterlegt und müssen nur auf Aktualität überprüft werden.
Lediglich die Nutzungsarten müssen noch durch den Tierhalter ergänzt werden. Jeder Tierhalter, der eine mitteilungspflichtige Nutzungsart in seinem Betrieb hält, muss in der HiT-Datenbank im Bereich TAM aktiv seine Nutzungsart als mitteilungspflichtig angeben. Für alle neu entstehenden mitteilungspflichtigen Tierhaltungen muss die Nutzungsart spätestens 14 Tage nach Beginn der Tierhaltung angegeben werden.
Die Daten zur Arzneimittelanwendung gemäß § 55 TAMG werden je Kalenderhalbjahr erfasst. Spätestens am 14. Januar bzw. 14. Juli müssen die Daten für das jeweils vorausgegangene Halbjahr eingegeben sein.
Zusätzlich müssen, wenn Antibiotika angewendet wurden, für jedes Erfassungshalbjahr der Anfangsbestand (am 01. Januar bzw. 01. Juli) sowie die Zu- und Abgänge einschließlich der Tierverluste in die Datenbank eingegeben werden. Die Frist für die Eingabe dieser Daten ist, wie bei den Daten zur Arzneimittelanwendung, jeweils der 15. Januar bzw. der 15. Juli.
Mitteilungspflichtigen Betrieben, die in einem Erfassungshalbjahr keinen Antibiotikaeinsatz hatten, müssen ab dem zweiten Kalenderhalbjahr 2021 eine "Nullmeldung" machen.
Bund und Länder haben vereinbart die Datenbank des Herkunftssicherungs- und Informationssystems für Tiere (HI-Tier) zur Erfassung des Antibiotikaeinsatzes zu nutzen. Diese Datenbank ist um eine Tierarzneimittel (TAM) - Datenbank erweitert worden. VIT w. V. Verden wurde als Regionalstelle für die Mitteilungen gemäß Tierarzneimittelgesetz in Niedersachsen benannt.
Wenn die Daten nach Ablauf eines Halbjahres in der HiT-Datenbank vorliegen, erfolgt automatisch die Berechnung der halbjährlichen Therapiehäufigkeit je Betrieb und anschließend die Ermittlung der bundesweiten Kennzahlen 1 und 2. Die halbjährliche Therapiehäufigkeit gibt an, an wie vielen Tagen des Halbjahres ein Tier in einem Bestand im Durchschnitt mit einem antibiotischem Wirkstoff behandelt wurde. Es ist eine reine Rechengröße, um Betriebe vergleichen zu können, die dieselben zur Mast bestimmten Tier- oder Nutzungsarten halten.
Werden in einem Halbjahr hintereinander mehrere „Tier-Durchgänge“ auf einem „Mastplatz“ gehalten, bezieht sich die betriebliche halbjährliche Therapiehäufigkeit nicht auf ein einzelnes Tier, sondern den „Mastplatz“.
Haben Sie nach der Feststellung der betrieblichen halbjährlichen Therapiehäufigkeit für Ihren Betrieb noch Mitteilungen zum Antibiotikaeinsatz oder zu Tierbeständen für das abgelaufene Kalenderhalbjahr korrigiert oder ergänzt, so wird in HI-Tier zusätzlich eine „aktualisierte betriebliche halbjährliche Therapiehäufigkeit“ angezeigt.
Zunächst werden die betrieblichen halbjährlichen Therapiehäufigkeiten Ende Februar (für das II. Kalenderhalbjahr des Vorjahres) bzw. Ende August (für das I. Kalenderhalbjahr des laufenden Jahres) an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zur Ermittlung der Kennzahlen 1 und 2 übermittelt (siehe Frage 7). Zeitgleich teilt die zuständige Veterinärbehörde jedem Tierhalter die betriebliche halbjährliche Therapiehäufigkeit für seine Nutzungsarten schriftlich mit. Hat der Tierhalter in der HiT-TAM-Datenbank unter seinem TAM-Profil die Option "online Abruf" gewählt, so muss er halbjährlich selbständig seine betriebliche Therapiehäufigkeit einsehen. Jeder Tierhalter muss die betriebliche Therapiehäufigkei mit den bundesweiten Kennzahlen vergleichen und dies dokumentieren.
Auch wenn nach der Feststellung der Therapiehäufigkeiten noch Daten in der HI-Tier Datenbank korrigiert oder ergänzt worden sind, muss der Tierhalter selbständig die aktualisierte Therapiehäufigkeit ermitteln (siehe auch Frage 5).
Der Tierhalter kann die betriebliche halbjährliche Therapiehäufigkeit für seine Nutzungsarten unter der Rubrik „Therapiehäufigkeit, Kennzahlen, TAM-Vorgänge – Detailansicht“ in HI-Tier ablesen. Weitere Informationen zum Umgang mit der betrieblichen Therapiehäufigkeit enthalten die „Informationen zum Antibiotika-Minimierungskonzept“ (Grundlegende Informationen; in Bezug auf Fristen gültig bis zum 31.12.2022), die auf dieser Seite heruntergeladen werden können.
Die Kennzahl 1 ist der Wert, unter dem 50 Prozent aller erfassten halbjährlichen Therapiehäufigkeiten in der entsprechenden Nutzungsart liegen. Die Kennzahl 2 ist der Wert, unter dem 75 Prozent aller erfassten halbjährlichen betrieblichen Therapiehäufigkeiten liegen.
Die Tierhalter müssen nach Bekanntgabe der Kennzahlen ihre halbjährliche betriebliche Therapiehäufigkeit mit den bundesweiten Kennzahlen 1 und 2 vergleichen. Liegt ihre halbjährliche betriebliche Therapiehäufigkeit unter Kennzahl 1, steht die Ampel für diesen Betrieb auf grün, das heißt es ist nichts zu veranlassen. Liegt ihre halbjährliche betriebliche Therapiehäufigkeit über der Kennzahl 1, aber noch unter Kennzahl 2, so steht die Ampel für diesen Betrieb auf gelb, das heißt es ist zu prüfen, welche Ursachen zu dem überdurchschnittlichen Verbrauch geführt haben. Bestehen Möglichkeiten, den Antibiotikaeinsatz zu reduzieren, so sind diese zu nutzen.
Liegt ihre halbjährliche betriebliche Therapiehäufigkeit über der Kennzahl 2, steht die Ampel für diesen Betrieb auf rot, das heißt es sind - gemeinsam mit dem Tierarzt – die Ursachen für diesen erheblich überdurchschnittlichen Verbrauch zu ermitteln und ein „Maßnahmenplan“ aufzustellen, mit dem die Tiergesundheit im Bestand so verbessert werden kann, dass eine Reduktion der Antibiotika möglich ist.
Je sorgfältiger die Analyse des Gesundheitsstatus und Managementsystems im Betrieb durch den Tierhalter und Tierarzt erfolgt, desto eher wird der „Maßnahmenplan“ die Tiergesundheit nachhaltig verbessern können, so dass die Behörde keinen Grund hat ergänzende Anordnungen treffen zu müssen. Weitere Informationen zu den Kennzahlen enthalten die „Informationen zum Antibiotika-Minimierungskonzept“ (Grundlegende Informationen; in Bezug auf Fristen gültig bis zum 31.12.2022), die auf dieser Seite zur Verfügung stehen.
Folgende bundesweite Kennzahlen 1 und 2 für den Erfassungszeitraum 01. Juli 2022 bis 31. Dezember 2022 nach § 56 Absatz 4 des Tierarzneimittelgesetzes in der Fassung vom 27. September 2021 wurden am 15. Februar 2023 bekannt gegeben.
Nutzungsart | Kennzahl 1 | Kennzahl 2 |
Mastkälber bis zum Alter von 8 Monaten | 0,000 | 2,306 |
Mastrinder ab einem Alter von 8 Monaten | 0,000 | 0,000 |
Ferkel vom Absetzen bis zu einem Gewicht von einschließlich 30 kg | 1,029 | 6,908 |
Mastschweine mit einem Gewicht von über 30 kg | 0,230 | 2,612 |
Masthühner ab dem Schlüpfen | 21,593 | 32,218 |
Mastputen ab dem Schlüpfen | 14,212 | 28,016 |
Die Angabe der Kennzahlen erfolgt ohne Gewähr.
Der Maßnahmenplan ist nach den Vorgaben des § 3 Abs. 1 "Mindestangaben für einen schriftlichen Plan" der "Verordnung mit arzneimittelrechtlichen Vorschriften über die Arzneimittelverwendung in landwirtschaftlichen Betrieben" vom 25. Juli 2015 zu erstellen. Darin müssen möglichst detaillierte Angaben zum Betrieb enthalten sein, um die betriebliche halbjährliche Therapiehäufigkeit tatsächlich beurteilen zu können. Es sind Gründe aufzuführen, die zur Überschreitung der Kennzahl 2 geführt haben. Des Weiteren sollte in dem Maßnahmenplan das Ergebnis der tierärztlichen Beratung dokumenitert werden und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Tiergesundheit, um den Antibiotikaeinsatz zu minimieren, angegeben werden.
Konkrete Informationen zum Inhalt des Maßnahmenplans finden Sie in den „Informationen zum Antibiotika-Minimierungskonzept“ (Grundlegende Informationen; in Bezug auf Fristen gültig bis zum 31.12.2022), die auf dieser Seite heruntergeladen werden können.
Des Weiteren können Sie auch unsere Mustermaßnahmenpläne nutzen für die Tierarten Rind , Schwein , Pute und Masthuhn . Diese wurden aufgrund der o.g. Verordnung ausgearbeitet und mit der Landwirtschaftskammer Niedersachsen und der Tierärztekammer Niedersachsen abgestimmt. Die Muster können auf dieser Seite in der Rubrik "Maßnahmenpläne" heruntergeladen werden.
Bei Überschreitung der Kennzahlen für Mastrinder über 8 Monate ist statt eines umfassenden Maßnahmenplans eine Erklärung ausreichend, dass eine Behandlung eines oder weniger Einzeltiere für die Kennzahlüberschreitung ursächlich ist. Ein Muster eines verkürzten Maßnahmenplans ist ebenfalls in der Rubrik "Maßnahmenpläne" hinterlegt.