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Ausbau der Windenergie

Ausbau der Windenergie

Die zehn Städte und Gemeinden und der Landkreis Vechta wollen beim Ausbau der ökologischen Energieversorgung in die Offensive gehen. Darauf haben sich die neun Bürgermeister und die Bürgermeisterin im Kreis Vechta sowie Landrat Tobias Gerdesmeyer grundsätzlich verständigt. Sie wollen insbesondere den Ausbau der Windenergie über die gesetzliche Forderung hinaus gemeinsam anpacken. Ziel ist es, mit einem klimafreundlichen Energiemix einen hohen Grad an Selbstversorgung bis hin zur Eigenständigkeit zu erreichen. Davon sollen die Bevölkerung, die Wirtschaft und nicht zuletzt das Klima profitieren. 

„Günstigen grünen Strom aus der Region kann es auf Dauer geben, wenn alle zusammenarbeiten“, ist Landrat Tobias Gerdesmeyer überzeugt. „Wenn wir vor Ort eine hohe Leistung erzeugen, möglichst mehr als wir benötigen, gibt es auf Dauer keine Probleme mit der Stromversorgung und auch die Preise werden fallen. Davon profitieren alle.“ Für den gemeinsamen Weg wollen die Verwaltungschefs Akzeptanz schaffen und sehen dafür viele überzeugende Gründe.  

Der Ausbau der Windenergie soll der wichtigste Baustein sein. „Windenergie ist nicht die beliebteste Form der Stromerzeugung, aber sie ist leistungsstark. Und wir müssen sie in den kommenden Jahren so oder so ausbauen. Das schreibt der Gesetzgeber vor“, erklärt Bakums Bürgermeister Tobias Averbeck. Das Land Niedersachsen will die Vorrangflächen für die Windenergie möglichst bis 2026, spätestens aber bis 2032 auf 2,2 Prozent der Landesfläche verdoppeln. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf in den Landtag einzubringen, hat das Landeskabinett kürzlich beschlossen. 

Bereits vor diesem Beschluss zum so genannten „Windenergiebeschleunigungsgesetz“ haben Landrat, Bürgermeister und Bürgermeisterin gemeinsame Perspektiven besprochen. Den gesetzlichen Vorgaben zufolge müsste der Landkreis Vechta den Anteil der Windenergie-Flächen am Gesamtgebiet auf 1,56 Prozent steigern, um seinen Beitrag für Niedersachsen zu leisten. Derzeit liegt der Anteil nur bei 0,49 Prozent des Kreisgebietes (siehe auch Fragen und Antworten).  

Sollten die Vorgaben des Landes und Bundes im Kreis Vechta bis Ende 2032 nicht erreicht werden, droht ein ungesteuerter Ausbau. Die so genannte Superprivilegierung hätte zur Folge, dass Windenergieanlagen planungsrechtlich absoluten Vorrang erhalten. „Dann werden sie nicht nur in Plangebieten wie bisher erlaubt, sondern werden auch dort genehmigt, wo sie von vielen nicht gewünscht sind“, erklärt Averbeck. „Das Gesetz kommt sowieso. Jetzt haben wir es noch selbst in der Hand, den Ausbau zu steuern und danach zu gestalten, was uns wichtig ist. Schaffen wir es nicht, wird ab dem 1. Januar 2033 keine Rücksicht auf verschiedene Interessen genommen.“ 

Die Städte, Gemeinden und der Landkreis sind der Ansicht, dass im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher mehr als die gesetzliche Pflicht erfüllt werden sollte. Als Ziel formulieren sie die eigenständige Deckung des Stromverbrauchs durch Erneuerbare Energien im Kreis Vechta mit einer lokalen bzw. regionalen Vermarktung. Wenn grüner Strom vor Ort günstig erzeugt und in den Haushalten und Unternehmen verbraucht werden kann, wird auch die Abrechnung günstiger. Damit soll die Akzeptanz des Windenergie-Ausbaus bei den Menschen vor Ort erhöht werden. Der Gesetzesentwurf sieht auch explizit vor, dass die Menschen im ländlichen Raum vom Ausbau der Erneuerbaren Energien direkt profitieren sollen. Es sollen verschiedene Beteiligungsformen 
ermöglicht werden (siehe auch Fragen und Antworten).
 
„Es gibt so viele gute Gründe dafür, mit dem Ausbau der Windenergie in die Offensive zu gehen“, sagt Vechtas Bürgermeister Kristian Kater. „Wir leisten damit einen Beitrag zur Energiewende, die angesichts der Folgen des Klimawandels ein Muss ist. Und die Menschen vor Ort können davon auch noch in hohem Maße profitieren. Bund und Land schaffen hier attraktive Anreize. Wir sollten sofort damit anfangen und es gemeinsam angehen.“ Zudem wird die Kommunale Wärmeplanung eng mit der Ausbauplanung für die Stromerzeugung verbunden sein. Auch darauf weisen Landrat und Bürgermeister hin. „Eine Variante ist, dass jedes Haus über eine eigene Wärmepumpe versorgt wird oder im Verbund mit mehreren Gebäuden", erklärt Kater. „Hierfür braucht es eine 
verlässliche Stromversorgung. Und die Windkraft ist ein großer und verlässlicher Energieerzeuger." 

Neuenkirchen-Vördens Bürgermeister Ansgar Brockmann weist auf die große Bedeutung der Erneuerbaren Energien für die heimische Wirtschaft hin. „Für die Unternehmen ist grüner Strom bereits ein wichtiger Standortfaktor“, erklärt er am Beispiel der Firmen im Niedersachsenpark an der Autobahn 1 in seiner Gemeinde, wo insbesondere Photovoltaikanlagen eine große Rolle bei der Versorgung spielen. „Dort werden bereits mehr als 100 Prozent der verbrauchten Energie regenerativ erzeugt, allerdings noch nicht rund um die Uhr.“ Der Ausbau der Windenergie könnte zu einer noch größeren Versorgungssicherheit führen.      


Fragen und Antworten 


Wie groß ist der Flächenbeitrag, den der Landkreis Vechta nach dem Windenergiebeschleunigungsgesetz leisten muss, und wie wurde er ermittelt? 
Die Vorrangflächen für die Windenergie sollen in Niedersachsen insgesamt auf 2,2 Prozent der Landesfläche verdoppelt und damit die Bundesvorgaben umgesetzt werden. Die im Gesetzentwurf 
vorgeschlagenen Flächenpotentiale wurden unter anderem nach Kriterien wie Besiedlungsdichte, Abstände zu Wohnbebauung und bestehende FFH-, Naturschutz- und Vogelschutzgebiete berechnet, 
teilt die Landesregierung mit. In keinem Planungsraum sollen mehr als vier Prozent der Fläche ausgewiesen werden müssen. Der Landkreis Vechta muss demnach derzeit 1,56 Prozent seiner 
Gebietsfläche bis 2032 der Windenergie zur Verfügung stellen. 

Wie groß ist der zusätzliche Flächenbedarf im Landkreis Vechta? 
Durch Kommunen bereits ausgewiesene Flächen für Windenergieanlagen werden bei der Erfüllung des Flächenziels angerechnet. Das sind im Landkreis Vechta zwar aktuell schon 0,98 Prozent der 
Gesamtfläche. Allerdings ist die anrechenbare Fläche mit 0,49 Prozent deutlich geringer. Bund und Land rechnen die Flächen künftig nach der Rotor-out-Planung an. Windkraftanlagen dürfen anders als bisher künftig auch auf der Grenze der dafür ausgewiesenen Sondergebiete stehen, ihre Rotoren können sich also auch außerhalb der Windenergieflächen drehen (Rotor out). Die Bestandsflächen sind nach dem Rotor-in-Prinzip mit Abstand zur Grenze genehmigt worden. Rotor-in-Flächen werden nur anteilig mit einem Abzug eines Innenpuffers von 75 Metern angerechnet. Das vom Land Niedersachsen errechnete Teilflächenziel von 1,56 Prozent entspricht einer Fläche von 1269 Hektar. Die im Landkreis Vechta anrechenbare Fläche von 0,49 Prozent entspricht ca. 397 Hektar. Demnach besteht ein zusätzlicher Flächenbedarf von ca. 872 Hektar, der durch Neuausweisungen bzw. Umplanungen bestehender Gebiete zu erreichen ist.

Welche Konsequenzen hätte es, wenn die Flächenvorgaben nicht erreicht werden? 
Dem Ausbau der Windenergie hat der Gesetzgeber ein überragendes öffentliches Interesse eingeräumt, das der (Versorgungs-)Sicherheit dient. Er zwingt die Kommunen gewissermaßen zum Handeln. Werden die Vorgaben des Bundes nicht bis zum 31. Dezember 2032 erreicht, erhalten Windenergieanlagen den Status der Superprivilegierung. Das heißt, sie haben planungsrechtlich Vorrang, damit die gesetzlich festgelegten Ziele erreicht werden. Mit der Folge, dass Anlagen ungesteuert im Außenbereich gebaut werden können. Diese Regelung gilt so lange, bis der erforderliche Flächenbeitragswert erreicht ist.     

Welche Vorteile hat eine gemeinsame Planung? 
Die zehn Städte und Gemeinden bzw. der Landkreis können die Ausweisung von Windenergieflächen möglichst verträglich und flächenschonend steuern. Sie können Potenziale im gesamten Landkreis 
ermitteln und voneinander profitieren. Außerdem betrachtet der Gesetzgeber bei der Anrechnung der Flächen nicht einzelne Städte und Gemeinden, sondern den gesamten Landkreis. Allein deshalb ergibt ein gemeinsames, koordiniertes Vorgehen Sinn. 

Müssen einzelne Gemeinden einen größeren Beitrag leisten als andere? 
Wie groß der Beitrag in den einzelnen Städten und Gemeinden sein wird, muss noch ermittelt werden. Die dafür erforderlichen Planungen werden nun in allen Städten und Gemeinde angeschoben. Es ist mit einem Planungsprozess von mindestens zwei Jahren zu rechnen. Alle Kommunen werden ihren Teil dazu beitragen müssen. Es wird Städte und Gemeinden geben, die mehr Potenzial haben als andere. Dann ist die Solidargemeinschaft innerhalb des Landkreises Vechta gefragt. Profitieren werden die Menschen aber kreisweit von einem solidarischen Vorgehen. 

Welche Ziele verfolgen die Kommunen? 
Eine möglichst hohe Deckung des Stromverbrauchs im Kreis Vechta durch die Erneuerbaren Energien bis hin zur Eigenständigkeit. Die direkte Vermarktung des Stroms vor Ort soll für günstigere Preise sorgen. So soll die Akzeptanz für den Ausbau der Windenergie erhöht werden. Auch die Unternehmen vor Ort sollen vom günstigen grünen Strom profitieren. Damit soll ein wichtiger Beitrag zur Energiewende im Kampf gegen die Folgen des Klimawandels geleistet werden.

Wie können die Menschen im Kreis Vechta von der eigenständigen Energieversorgung mit Erneuerbaren Energien konkret profitieren? 
Zum Beispiel mit einer lokalen oder regionalen Energiegemeinschaft nach dem Konzept des „Energy Sharing“. Dieses sieht vor, dass Bürgerinnen und Bürger Windkraft- oder Solaranlagen in ihrer Umgebung mitfinanzieren und den produzierten Strom selbst beziehen. Der vor Ort produzierte Strom kann auch vor Ort oder regional vermarktet werden. Netzkosten, Steuern und Abgaben sinken. Die lokalen und regionalen Strompreise bleiben stabil und sind unabhängig von steigenden Preisen auf dem Strommarkt. Die Wertschöpfung bleibt in der Region. Das ist zwar aktuell rechtlich noch nicht möglich. Die Kommunen rechnen aber damit, dass zum Zeitpunkt der Realisierung der Windenergieanlagen der Rechtsrahmen für das  „Energy Sharing“ in Deutschland ausgestaltet ist. Die Gemeinde Bakum arbeitet bereits mit Partnern im Rahmen eines Pilotprojektes an derartigen Formaten.  

Es ist einer der Hauptbestandteile des Gesetzes: Die Menschen im ländlichen Raum sollen vom Ausbau der Windenergie direkt profitieren. Die Möglichkeiten der finanziellen Beteiligung sollen von 
Bürgerenergiegenossenschaften, Energiesparbriefen, Gesellschaftsanteilen und Schwarmfinanzierung bis hin zu niedrigeren Strompreisen, Bürgerenergiestiftungen oder anderen innovativen 
Beteiligungsmöglichkeiten reichen.  

Wie realistisch ist eine Energieautarkie? 
Dieses Ziel ist ambitioniert, aber erreichbar, wenn man zusammenarbeitet. Im Jahr 2022 wurde bereits mehr als die Hälfte des gesamten Strombedarfs im Kreis Vechta (ca. 56 Prozent) aus Erneuerbaren 
Energien bezogen. Mit dem Ausbau der leistungsstarken Windenergie über den gesetzlich vorgegebenen Flächenanteil von 1,56 Prozent der Gesamtfläche hinaus kann eine hohe Versorgungsquote bis hin zur Unabhängigkeit von Strommarktpreisen erreicht werden. Dafür werden – jahreszeitenabhängig – auch andere Energiequellen wie Biogas- und Photovoltaikanlagen benötigt. Das Potenzial ist vorhanden. Es muss aber solidarisch und gemeinschaftlich im gesamten Kreis Vechta angegangen werden. Und die die Beteiligungsmöglichkeiten zum Beispiel nach dem Prinzip des „Energy Sharings“ müssen gesetzlich möglich gemacht werden.

Warum ist ein größtmöglicher Ausbau von Erneuerbaren Energiequellen, insbesondere der Windkraft wichtig? 
Der Strombedarf wird in den nächsten Jahren wachsen, nicht nur weil die Anzahl an elektronischen Geräten steigt und auch die Elektromobilität wächst. Insbesondere der Wandel in der Wärmeenergie-Erzeugung wird den Strombedarf steigern. Klar ist, dass zukünftig kein Gas mehr für die Wärmegewinnung in Wohngebieten genutzt werden wird. Eine Variante wird sein, dass jedes Haus die Wärme über eine eigene Wärmepumpe erzeugt. Oder dass mehrere Gebäude im Verbund über eine Wärmepumpe versorgt werden. Dafür wird eine verlässliche Stromversorgung benötigt. 
Auch wenn mit Geothermie, Biogas oder anderen klimaneutralen Alternativen viele Bausteine zur Lösung gehören werden, wird Strom bei der Wärmeerzeugung eine große Rolle spielen. Die zurzeit in Aufstellung befindliche Kommunale Wärmeplanung wird den Ist-Zustand der Wärmeerzeugung aufzeigen, um daraus Potentiale für die Neuorganisation erarbeiten zu können. Diese muss eng mit der Stromerzeugung gedacht werden. Und die Windkraft ist ein großer Energieerzeuger, der verlässlich zur Verfügung steht.

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